Konflikte um Arbeit und Macht

08.05.2016 | Nach den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg herrscht bei der SPD eine gewisse Ratlosigkeit. Welche Lehren soll man nun daraus ziehen, und wie soll es gelingen, ein wohlmögliches Desaster zur Bundestagswahl 2017 zu vermeiden. Wenn in Baden-Württemberg weniger als 40% der Bürgerinnen und Bürger die SPD mit sozialer Gerechtigkeit verbinden, dann droht der Markenkern der SPD zu verwaschen.

Auch solche Ergebnisse zeigen, dass die Arbeiternehmer_innenschaft die SPD nicht mehr als erste Anlaufstelle für ihre Probleme sieht. So werden arbeitspolitische Projekte, die im Sinne der abhängig Beschäftigten sind, nicht als solche wahrgenommen. Die SPD findet im Milieu der abhängig Beschäftigten teilweise nicht mehr statt. Daher ist es richtig, nun die „soziale Gerechtigkeit“ wieder in den Mittelpunkt der politischen Betrachtung zu rücken. Es müssen Angebote an die Milieus der abhängig Beschäftigten gemacht werden, wenn man sie wieder erreichen will. Dabei sind die Herausforderungen, um die sich zuspitzenden Konflikte um Arbeit und wirtschaftlicher Macht drängend:

Die Tarifauseinandersetzungen der letzten Jahre (siehe Amazon, Post etc.) haben gezeigt, dass die Konflikte immer härter und langwieriger werden. Bei der Post arbeitet das Managements weiter darauf hin, den Konzern zu zerstückeln, um so zukünftige Beschäftigte für schlechtere Konditionen einstellen zu können. Bei Amazon wird in den Verteilzentren dafür gekämpft, dass das bessere Tarifniveau des Einzelhandels auch für diese Beschäftigten gilt. Trotz guter Streikkraft in beiden Fällen ist es den Beschäftigten bisher nicht gelungen, die jeweiligen Arbeitgeber_in zu einer Kursänderung zu bewegen. Die fehlende (gesetzliche) Durchsetzungskraft und die zunehmend härtere Linie des Managements zeigt, dass das sozialpartnerschaftliche Miteinander in einigen Fällen nicht mehr als Lippenbekenntnisse von der Arbeitgeber_innen-Seite sind. Die Tarifflucht in einigen Branchen seit den 90er Jahren verdeutlichen diese Entwicklung: Vielerorts wird darauf hingearbeitet, Arbeits- und Sozialstandards der Beschäftigten abzusenken. Als Zeichen zu werten ist der wegweisende Tarifabschluss im Unikonzern Charité, wo trotz jahrelanger Zermürbungstaktik der Arbeitgeber_innenseite tiefgreifende Eingriffe in den unternehmerischen Entscheidungsbereich des/der Arbeitgeber_in durch Mindestbesetzungsregelungen auf den Stationen tarifvertraglich festgelegt wurden. Das ist ein Beispiel, wie wirtschaftsdemokratische Ansätze, die letztlich zum Wohle des Unternehmens und der Menschen sind, mit den heutigen Regelungen der Mitbestimmung bereits möglich sind. Sie gilt es auszubauen. Das kann ein gemeinschaftliches Projekt der deutschen und europäischen Sozialdemokratie zusammen mit den Gewerkschaften werden. Voraussetzung für ein solches Projekt ist, dass die Parteien und Gewerkschaften gemeinschaftlich Strategien in der Sozial- und Arbeitspolitik entwickeln. Das geht in erster Linie durch Personen, die in der Lage sind, das glaubhaft miteinander zu verbinden . Deshalb müssen u.a. die Zusammenarbeit und die personelle Verzahnung zwischen Gewerkschaften und Parteien gestärkt werden. Es ist richtig, dass die SPD nun auf „soziale Gerechtigkeit“ als Antwort auf die Landtagswahlen setzt, aber „soziale Gerechtigkeit“ ist keine Sache, die vom Himmel fällt. Sie muss immer wieder neu an die sich ändernden Rahmenbedingung angepasst und definiert werden, durch Menschen, die die Lebenswirklichkeit vor-Ort in den Betrieben kennen. Es sind die natürlichen Bündnispartner_innen, die die SPD in der Vergangenheit stark gemacht haben.

Es werden ebenjene Partner_innen sein, die in Zukunft wieder gemeinschaftlich an den Herausforderungen arbeiten müssen, um Demokratisierungsprozesse in der Wirtschaft in Gang zu setzen und die Verteilung von wirtschaftlicher Macht gerechter zu gestalten. Auf unserer Jahresfachkonferenz des Kasseler Kreises – FSG werden wir diese Konflikte um Macht und Arbeit aus Gewerkschafts- und Parteisicht diskutieren.

Save the Date: Fachtagung des Kasseler Kreises

Jahresfachkonferenz 2016: Konflikte um Arbeit und Macht:

Gemeinsame Herausforderung für Gewerkschaften und Parteipolitik!

23. bis 24.September 2016 in Berlin

 

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